Wenn mir die Zeit davonläuft oder ich unter Zeitdruck stehe, merke ich wie real und konkret Zeit ist. Morgen um Viertel vor Elf fährt der Zug nach Saarbrücken zu meiner Tante los. Vorher war ich noch entspannt. Ja, ich habe noch Zeit. Noch einen Monat! Das schaffe ich ganz locker, meinte ich. Aber jetzt ist es weniger als ein Tag und ich habe meinen Koffer nicht gepackt, mein Zimmer nicht aufgeräumt, bin nicht zum shoppen gegangen! Was mache ich jetzt?
Eine Stunde läuft direkt vor meinen Augen. Gleich wird es dunkel. Kein Geschenk, keine Zeit. Ich muss mich beeilen. Ich muss schnell los. Die Wörter kosten viel Zeit. Alles ist zeitaufwendig. Ich hoffe nur, dass ich alles gleichzeitig machen kann. Die Zeit nimmt meinen Raum ein. Zwei Stunden haben vier Beine.
Ich versuche alles zu erledigen, aber ich kann das kaum verwirklichen. Ich versuche alles zu beschleunigen, aber die dritte Stunde sag mir, dass ich sicher etwas Wichtiges vergessen werde. Am Ende des Tages bin ich ins Bett gegangen und gucke mein Zimmer an: alles ist durcheinander. Nur das Gepäck für morgen aalt sich in der Mitte des Zimmers. Die Zeit schläft und so auch meine To-Do Liste. Morgen fahre ich los und kaufe vielleicht ein günstiges, populäres Geschenk am Hamburg Hauptbahnhof für meine liebe Tante.
Ich sitze in dem Zug und die Zeit guck mich so hart an: 6 Stunde nach Saarbrücken. Es fühlt sich wie 6 Monate an. Wäre ich doch jetzt nur bloß zu Hause, hätte ich Alles geschafft! Hätte mein ganzes Zimmer neu gestaltet, eingerichtet, dekoriert oder was auch immer! Ich hätte meine Tante schöne Geschenke aus Paris gekauft! 6 Monate! Verdammte Zeit! Sie guckt mich immer an, sie hat sich gar nicht mehr bewegt…
„Nächster Halt: Eine Minute. Wir werden in einer Stunde da sein“.